Laparoskopie
und laparoskopische Chirurgie
Unter " Laparoskopie " versteht man eine Bauchspiegelung. Im Gegensatz zu Magen- oder Dickdarmspiegelung (Gastro- oder Koloskopie) wird nicht das Organ-Innere, sondern die Bauchhöhle und die darrinliegenden Organe betrachtet. Diese Methode wird heute sowohl zur Diagnosestellung, als auch zu Durchführung bestimmter Operationen eingesetzt.
Geschichte:
Die diagnostisch gedachte Untersuchung wurde
erstmalig 1910 von Jakobäeus
am Menschen durchgeführt. Anfänglich war die Laparoskopie die Domäne der Internisten,
und wurde später von
Gynäkologen verwendet und weiterentwickelt (K. Semm). Das lange Zeit verkannte,
riesige Potential wurde erst in den späten 80-er
Jahren von den Chirurgen aufgegriffen und zunächst bei der
Gallenblasen-Operation eingesetzt. Der Erfolg der laparoskopischen
Gallenblasenentfernung war derart
überzeugend, sodass die neue Technik innerhalb weniger Jahre weltweit
ihre Akzeptanz gefunden hat. Eine neue chirurgische
Ära bahnt sich an: das Zeitalter der minimal invasiven,
laparoskopischen,
videoskopischen, oder schlichtweg
der Schlüsselloch-Chirugie.
Technik der Laparoskopie:
Durch einen 5-10 mm kleinen Hautschnitt am
Bauchnabelrand wird die Bauchhöhle mit Hilfe einer speziellen Nadel
(Verres-Nadel) mit ca. 2 -4
Lt.
Kohlendioxid (CO2) gefüllt. Dieses entfaltet die vordere
Bauchwand und
hebt sie von den Eingeweiden ab. Der somit entstandener Raum erleichtert
die Übersicht und erlaubt auch verschiedene "Manipulationen" an
den Bauchorganen selbst. Der durch die Gasfüllung erhöhte Bauch-Innendruck verursacht
jedoch Spannung, Atemnotgefühl und Schulterschmerzen. Schon deshalb wird heute
die Laparoskopie praktisch ausnahmsweise in Vollnarkose durchgeführt.
Nach dem die vordere Bauchwand von den darunter
liegenden Organen abgehoben ist, wird eine Kanüle (Trokar) in die
Bauchhöhle eingesetzt und ein Laparoskop eingeführt. Ein Laparoskop ist ein
optischer Stab, an den eine kleine Videokamera angeschlossen wird. Durch ein
starkes Kaltlicht wird über das Laparoskop die Bauchhöhle ausgeleuchtet. Die Kamera überträgt das Bild aus dem Bauchinneren auf
einen Monitor. Sowohl die Optik als auch die Videotechnologie müssen von
bestmöglicher Qualität sein, denn sie sind die Vermittler unseres "inneren
Sehens".
Das in alle Richtungen bewegliche Laparoskop
erlaubt die Bauchorgane zu überblicken. Die Übersicht ist zum
Teil besser, als
die eines vollständig aufgeschnittenen Bauches. Es
gibt mehrere unterschiedliche Optiken, welche uns
nebst dem Geradeaus-Blick auch den
Blick um die Ecke ermöglichen. Eine zusätzliche Kanüle
erlaubt limitierte Manipulationen an bestimmten Organen.
Nach Beenden der Betrachtung wird
entweder die geplante Operation laparoskopisch
durchgeführt , oder das restliche Gas
abgelassen und die kleinen Wunden verschlossen.
Laparoskopische Operation
Unter direkter Sicht werden
durch zusätzliche Hautschnitte verschiedene chirurgischen Instrumente
eingeführt ( Schere, Greifinstrumente, Saug- und
Spülvorrichtung, Nahtmaterial, Nadelhalter, Ultraschalldissektor
Klammernaht-instrumente, monopolare- oder bipolare Koagualation, Ultraschallkopf oder
Laser-Aplikator, etc.). Dies erlaubt ein immer grösser werdendes Spektrum chirurgischer
Eingriffe durchführen zu können.
Die
hierzu notwendigen Hautschnitte variieren zwischen
2 und 12 mm!
Je nach Eingriff werden zwischen 2 und 6
(unterschiedlich grosse) Hautschnitte benötigt.
Ist zur Entfernung eines Organteiles oder eines ganzen Organs ein grösserer
Schnitt ( Bergunginzision
4 - 8 cm) nötig, spricht man von einem laparoskopisch
assistierten
Eingriff.
Die rasante Entwicklung und Miniaturisierung der Instrumente machen es
manchmal unumgänglich sog. Einweg- oder Einmalgebrauch-Instrumente zu
verwenden. Wegen der nicht ganz unerheblichen Kosten
sind wir stets bemüht die Materialkosten soweit wie möglich zu optimieren.
Die laparoskopische Chirurgie bietet dem Patienten und
dem Chirurgen erhebliche Vorteile, bedeutet aber
für den Operateur
eine Zusatzbelastung. Der Verlust der dreidimensionalen
Sicht, starke Einschränkung des Tastsinns, lange
und sehr feine Instrumente, segmentales Blickfeld, etc. verlangen
dem Chirurgen eine "neue
Geschicklichkeit und neue chirurgische Erfahrung" ab.
Nicht jeder laparoskopisch
begonnene Eingriff kann laparoskopisch auch beendet
werden. Ein unerwarteter Befund, eine nicht beherrschbare
Operationsentwicklung ( z.B. Blutung oder Verletzung)
kann ein zwingender Grund werden, auf konventionelle offene Technik umzusteigen. Eine solcher
Umstieg (Konversion) darf nicht a priori
nur als mangelndes Können
gewertet werden, sondern ist ein der Situation und der momentanen
Konstellation angepasstes, verantwortungsbewusstes Handeln im Interesse des
Patienten.
Selbstverständlich spielt dabei die persönliche Erfahrung und
der Ausbildungsstand des Chirurgen die entscheidende Rolle.
Vorteile/ Nachteile
weniger
Schmerzen
kürzerer Spitalaufenthalt
kleinere Wunden
raschere Rückkehr zu normalem Leben
kürzere Arbeitsunfähigkeit
bessere Lebensqualität
niedrigere indirekte Kosten
niedrigere Gesamtkosten
höhere Materialkosten
eventuel höhere Operationskosten
teurere Einrichtung (heute sebstverständlich)
höhere Ansprüche an die Ausbildung
höherer Konzentrationsaufwand
Vollnarkose (nicht mehr als Nachteil gewertet)
Wo liegen die Grenzen ?
Die Grenzen der laparoskopischen
Chirurgie werden ständig von Neuem definiert. Mit
Ausnahme des Kaiserschnittes zur Kindsentbindung gibt es kaum einen offenen
Eingriss, der nicht laparoskopisch durchgeführt werden könnte.
Einige laparoskopischen Operationen sind zum Allgemeingut geworden
(Gallenblasenentfernung, explorative Laparoskopie, Eileiterunterbindung),
andere sind wiederum in deutlicher Verbreitung.
(Blinddarmentfernung, Leistenbrüche,
Zwerchfellbrüche, Eierstockzysten oder Verwachsung-lösung).
Die anspruchvollsten laparoskopischen Eingriffe betreffen die Milz, den
Dickdarm, den Magen, die Nebenniere,
die Bauchspeicheldrüse
und die Leber. Die urologischen Engriffe (Niere,
Prostata) haben sich ebenfalls schon etabliert.
Was ist heute möglich ?
Es gibt mehrere absolute und
einige relative Gründe gegen ein laparoskopisches
Vorgehen.
Die Narkoseunfähigkeit (bei schweren Herz-Kreislauf- oder Lungen-erkrankungen)
oder eine Blutgerinnungsstörung stellen
eine absolute Kontraindikation dar.
Zu erwartende ausgeprägte Verwachsungen nach
vorangegangenen Eingriffen können die Durchführbarkeit einer Operation in
Frage stellen. Hier spielt die Wahl des Operateurs eine
entscheidende Rolle.
Inwiefern die minimal-invasiven Techniken bei
Tumorkrankheiten voll einsetzbar sind, ist heute Gegenstand laufender
klinischen und tierexperimentellen Studien.
Fazit
Die minimal
invasive Chirurgie ist heute nicht mehr wegzudenken.
Die unbestreitbaren Patienten-Vorteile leisten einen
nicht zu vernachlässigbaren Beitrag zu Kostendämpfung im
Gesundheitswesen.
Der verkürzte Spitalaufenthalt reduziert nicht nur die
sichtbaren direkten Kosten (Kost u. Logis, Behandlung, OP, Röntgen, Labor, etc.).
Einen wichtigen Teil der Gesamtkosten stellen die sog. indirekten Kosten
dar. Die Folgebehandlungen (Nachbehandlung, zusätzliche Arztbesuche,
Komplikationen, Rückfälle), die Lohnersatzzahlungen (Dauer der Arbeitsunfähigkeit)
und der ausbleibender Anteil des Brutto-Sozialprodukts. Obwohl diese von
grosser volkswirtschaftlichen Bedeutung sind, lassen sie sich nur schwierig erfassen und
sind noch schwieriger zu interpretieren. Die beiden Kostengruppen
widerspiegeln nicht nur die medizinische Qualität, sondern auch die
wachsenden Ansprüche unserer "Kranksein-Kultur" in einer
sich stark wandelnden Gesellschaft.
Leider wird diese Tatsache von vielen "Zuständigen" nicht erkannt, oder, weil politisch nicht opportun, nicht weiter
vermittelt.